Fitfluencer vs. Realität: Warum nicht jeder Körper auf Training gleich reagiert

Instagram ist voll mit Vorher-Nachher-Fotos, auf denen Transformationen innerhalb weniger Monate gezeigt werden. Die Botschaft? Mit der richtigen Disziplin und dem perfekten Workout kannst du alles erreichen. Aber ist das wirklich so einfach?

Viele Fitnessinfluencer*innen präsentieren sich als Beweis dafür, dass ihr Training „funktioniert“. Doch was oft fehlt, ist ein Blick auf die individuellen Unterschiede unserer Körper. Denn nicht jeder reagiert gleich auf Sport – und das hat wenig mit Disziplin zu tun.

Hormone, Genetik, Stoffwechsel und bestimmte gesundheitliche Bedingungen spielen eine große Rolle dabei, wie sich dein Körper durch Training verändert – oder eben auch nicht. Einige nehmen extrem schnell Muskelmasse zu, andere kämpfen monatelang ohne sichtbare Erfolge. Und dann gibt es Menschen, bei denen Sport und Ernährung einfach nicht den gewünschten Effekt haben, weil biologische Faktoren mitspielen. Doch woran liegt das? Ein Blick auf die entscheidenden Faktoren zeigt, warum Fortschritt nicht für jeden gleich aussieht.

Lipödem: Wenn das Fett nicht verschwindet

Lipödem ist eine chronische Erkrankung, die fast ausschließlich Frauen betrifft. Das Problem: Fettpolster an Beinen, Hüften und Armen verschwinden nicht – egal wie intensiv das Training oder wie strikt die Diät ist.

Was viele nicht wissen: Lipödem ist keine normale Gewichtszunahme. Es handelt sich um eine krankhafte Fettverteilungsstörung, bei der sich das Gewebe verändert. Die betroffenen Bereiche bleiben unverhältnismäßig größer, selbst wenn der restliche Körper durch Sport definierter wird.

Typische Symptome sind:

  • Eine ungleiche Fettverteilung, meist an Beinen und Armen
  • Schmerzen oder Druckempfindlichkeit in den betroffenen Bereichen
  • Schnelle blaue Flecken und geschwollenes Gewebe
  • Kein Einfluss durch Kaloriendefizit oder intensives Training

Viele Frauen mit Lipödem berichten, dass sie jahrelang versucht haben, ihr Körperfett mit Sport zu reduzieren – oft mit Frust und Selbstzweifeln. Das Problem liegt nicht im Training, sondern in der biologischen Beschaffenheit des Fettgewebes. Hier helfen oft eher Lymphdrainagen, spezielle Ernährungsstrategien oder in fortgeschrittenen Fällen medizinische Eingriffe.

Genetik & Körpertypen: Warum nicht jeder „shredded“ wird

Der Traum vom Sixpack oder einer bestimmten Körperform ist weit verbreitet – doch nicht jeder Körper ist genetisch dafür gemacht.

Es gibt drei grundlegende Körpertypen:

  • Ektomorph: Schlanke Menschen mit einem schnellen Stoffwechsel, die oft Probleme haben, Muskeln aufzubauen.
  • Mesomorph: Menschen mit einer natürlichen Muskeldefinition, die schnell auf Training reagieren.
  • Endomorph: Menschen mit einer Tendenz zu Fettansammlungen, die oft langsamer definieren.

Natürlich gibt es Mischformen, und keiner dieser Typen ist „besser“ oder „schlechter“ – aber sie beeinflussen, wie einfach oder schwer es ist, Muskeln aufzubauen oder Fett zu verlieren.

Während einige mit minimalem Aufwand Muskeln aufbauen, müssen andere härter trainieren und sehen trotzdem weniger Definition. Das bedeutet nicht, dass Training keinen Effekt hat – aber die Erwartungen müssen realistisch bleiben.

Hormonelle Störungen: Wenn der Körper gegensteuert

Hormone beeinflussen nicht nur die Stimmung, sondern auch Stoffwechsel, Muskelaufbau und Fettverteilung. Manche Menschen kämpfen mit hormonellen Ungleichgewichten, die Trainingsergebnisse beeinflussen können.

Dazu gehören:

  • PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom): Eine hormonelle Störung, die oft mit Insulinresistenz einhergeht und den Fettstoffwechsel sowie die Fähigkeit, Muskeln aufzubauen, beeinflussen kann.
  • Schilddrüsenunterfunktion: Eine zu niedrige Produktion von Schilddrüsenhormonen kann zu langsamem Stoffwechsel, Energieverlust und erschwertem Fettabbau führen.
  • Cortisol & Stress: Chronischer Stress und hohe Cortisolwerte können Muskelabbau fördern und Fett am Bauch speichern.

Viele dieser Probleme lassen sich mit gezieltem Training und Ernährung verbessern – aber sie bedeuten auch, dass nicht jeder Körper gleich schnell auf Training anspricht.

Stoffwechsel & Kalorienverbrauch: Warum manche Menschen mehr essen können als andere

Jeder kennt Menschen, die essen, was sie wollen, und trotzdem nie zunehmen. Das hat nichts mit Glück oder Disziplin zu tun – sondern mit einem individuellen Stoffwechsel.

Faktoren, die den Kalorienverbrauch beeinflussen:

  • Grundumsatz: Wie viele Kalorien dein Körper in Ruhe verbrennt.
  • Thermogenese: Wie dein Körper Nahrung verarbeitet (z. B. verbrennen Proteine mehr Kalorien als Fette).
  • Muskelmasse: Mehr Muskeln = höherer Grundumsatz.

Ein schneller Stoffwechsel bedeutet, dass der Körper mehr Kalorien verbrennt, selbst wenn keine Aktivität stattfindet. Ein langsamer Stoffwechsel hingegen kann dazu führen, dass eine leichte Kalorienüberschuss schneller zu Fettzunahme führt.

Erfolg ist individuell – Vergleiche bringen nichts

Fitness ist kein Einheitskonzept. Was für den einen funktioniert, kann für den anderen völlig wirkungslos sein. Wer sich mit Fitfluencern vergleicht, sieht oft nur das Endergebnis – nicht die individuellen biologischen Voraussetzungen, die dahinterstecken.

Statt sich an unrealistischen Vorbildern zu orientieren, hilft es, sich mit den eigenen körperlichen Voraussetzungen auseinanderzusetzen:

  • Welche Trainingsform fühlt sich gut an?
  • Wie reagiert der Körper auf Sport und Ernährung?
  • Welche Ziele sind realistisch und gesund?

Denn egal, ob es um Muskelaufbau, Fettabbau oder Leistungssteigerung geht: Der eigene Körper gibt das Tempo vor. Der Schlüssel liegt nicht darin, ein bestimmtes Ideal zu erreichen, sondern darin, herauszufinden, was individuell funktioniert. Und das sieht bei jedem Menschen anders aus – und genau das ist völlig in Ordnung.